Dashcam-ein weiteres Urteil

Dashcam - Im Zivilverfahren Fluch, im Strafverfahren ein Segen

AG Nienburg, Urteil v. 20.1.2015, Az. 4 Ds 155/14 (Quelle: Niedersächsisches Landesjustizportal)
Man kennt sie inzwischen. Die kleinen, unauffälligen Videokameras hinter dem Rückspiegel zeichnen alles auf, was sich vor der Kühlerhaube abspielt. Die Rechtspraxis streitet über die Frage, ob und inwieweit solche Dashcams als Beweismittel taugen oder nicht. In Zivilverfahren jedenfalls, bei denen es um den Nachweis des Unfallhergangs geht, bewertet die Rechtsprechung das Persönlichkeitsinteresse des Unfallgegners und die Interessen anderer Verkehrsteilnehmer höher als das Interesse des Unfallgeschädigten an der Aufklärung des Sachverhalts und geht von einem Bewertungsverbot aus. Im Strafverfahren gelten nach Ansicht des AG Nienburg andere Maßstäbe.

Was war passiert?
Im Fall des AG Nienburg bedrängte ein Verkehrsteilnehmer einen Fahrer auf der Autobahn, indem er ihn ausbremste, aus der Spur drängte, den Abstand auf eine Fahrzeuglänge verringerte, ihm noch nach Verlassen der Autobahn verfolgte und beleidigte. Die Vorwürfe waren schwerwiegend. Als sich das Geschehen abzeichnete, aktivierte der bedrängte Verkehrsteilnehmer seine Dashcam. Die Kamera zeichnete für 5 Minuten den Straßenbereich vor seiner Kühlerhaube auf.

So urteilte das Amtsgericht Nienburg

Das Amtsgericht, das über die Strafbarkeit des angeklagten Verkehrsrowdys zu urteilen hatte, hielt die Aufzeichnungen für verwertbar. Es habe sich um eine „nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten“ gehandelt, da die Videoaufzeichnung nach Datum und Uhrzeit zugeordnet werden konnte. Die maßgebliche Vorschrift des § 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG erfasse die von dem bedrängten Verkehrsteilnehmer verfolgte Beweissicherung nicht als verbotswidrig.

Die dabei notwendige Interessenabwägung zwischen dem Interesse des Zeugen an der Beweissicherung und dem Persönlichkeitsrecht des Angeklagten wurde zu Gunsten des Zeugen bewertet. Wichtig war, dass die Dashcam anlassbezogen zum Einsatz kam, lediglich das Fahrzeug des Angeklagten und nicht dessen Insassen im Bild erfasste und sich der Vorgang im öffentlichen Straßenverkehr abgespielte. Der Einsatz der Dashcam sei in dieser Situation im Hinblick auf den von den Zeugen verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und verhältnismäßig gewesen.

Der potentiell denkbare Missbrauch der Videoaufzeichnung (z.B. Veröffentlichung im Internet) und das Risiko eines „Orwell‘schen Überwachungsstaates“ dürfen nicht dazu führen, „dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung kategorisch vorenthalten werden“. Der angeklagte Verkehrsrowdy wurde wegen Nötigung, Beleidigung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu 8 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.

Fragen Sie Ihren Rechtsanwalt in München

Drängeln auf der Autobahn ist alltäglich. Das Unfallrisiko wird verdrängt. Sind Sie gleichfalls betroffen und hatten eine Dashcam im Einsatz, sollten Sie sich beraten lassen, unter welchen Voraussetzungen Sie eine Videoaufzeichnung in einem Zivil- oder Strafverfahren verwenden können. Vielleicht werden Sie selbst beschuldigt und haben Sie sogar einen Bußgeldbescheid erhalten. Die bisher bekannte Rechtsprechung zeigt, dass es auf viele Details ankommt. Pauschale Wertungen führen nicht zum Erfolg. Als Rechtsanwältin, auch Fachanwalt für Verkehrsrecht, kann ich, Catharina Rossmeisl, Sie gerne beraten und in „Verkehrsrowdyverfahren“ vertreten.
Info: Die "sieben Todsünden" im Straßenverkehr

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