Rechtfertigender Notstand § 16 OWiG

Strafbefehl wegen "Straßenverkehrsgefährdung"

Auch wer es besonders eilig hat, darf andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden!

Der Fall des Notarztes Alexander Hatz, der einem zweijährigen Mädchen, das Sekundenkleber geschluckt hatte und zu ersticken drohte, zu Hilfe kommen wollte, ist noch in guter Erinnerung. Da er bei seinem Noteinsatz entgegenkommende Verkehrsteilnehmer zum Ausweichen nötigte, belegte ihn die Bußgeldbehörde per Strafbefehl wegen „Straßenverkehrsgefährdung“ mit einem Fahrverbot und 4.500 € Geldstrafe. Diese rechtliche Wertung führte in der Öffentlichkeit zu einem Aufschrei. Dabei dürfen jedoch einige Fakten nicht übersehen werden.

Soll ein Rechtsgut bewahrt, darf ein anderes nicht zerstört werden

Natürlich ist es richtig, wenn ein Notarzt alles unternimmt, um seinen lebensbedrohenden Patienten rechtzeitig zu erreichen. Genauso richtig ist es auch, dass andere Verkehrsteilnehmer einen Noteinsatz mit Blaulicht und Martinshorn beachten und respektieren müssen. Jeder muss bedenken, dass er vielleicht auch mal auf einen Notarzt angewiesen ist. Dennoch ist dabei zu berücksichtigen, dass auch durch einen solchen Noteinsatz andere Verkehrsteilnehmer nicht über Maßen gefährdet werden dürfen. Verursacht der Notarzt einen Verkehrsunfall und kommt dabei ein Verkehrsteilnehmer ums Leben, wird offenkundig, dass sich hier gleichwertige Interessen gegenüberstehen. Wenn es darum geht, ein Leben zu erhalten, darf ein anderes Leben nicht gefährdet werden. Somit kommt es darauf an, dass ein Notarzt sich so verhält, dass er seinem Einsatz gerecht wird, ohne gleichzeitig andere Rechtsgüter in unangemessener Weise zu gefährden.

"Rechtfertigender Notstand" ist der Schlüssel zur Einschätzung

§ 16 OWiG gesteht in einer Notsituation einen „rechtfertigenden Notstand“ zu, wenn das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt und die Handlung (Geschwindigkeitsübertretung) ein angemessenes Mittel ist, um die Gefahr abzuwenden.

Die Gerichte müssen sich immer wieder mit Geschwindigkeitsüberschreitungen auseinandersetzen, in denen betroffene Autofahrer besondere Gründe anführen, warum sie schneller fahren mussten. Drei besonders markante Beispiele verdeutlichen die Situation.

Rast ein Autofahrer über die Straße, um einen Wellensittich notfallmäßig zum Tierarzt zu bringen, kann es sich nicht auf einen rechtfertigenden Notstand berufen (OLG Düsseldorf OWiG 30/90 II). Das Rechtsgut „Wellensittich“ ist gegenüber der Sicherheit des Straßenverkehrs nachrangig. Gleichfalls kann ein „akuter Stuhldrang“ keine Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertigen (KG Berlin 3 Ws 533/98). Auch ein Rechtsanwalt, der einen Gerichtstermin wahrnehmen muss, kann seine beruflichen Interessen nicht über das Interesse der Sicherheit des Straßenverkehrs stellen (AG Cochem 109 Js 58107/80).

Fragen Sie einen Anwalt für Verkehrsrecht

Wenn Sie ähnlicher Weise betroffen sind und glauben, sich auf einen rechtfertigenden Notstand berufen zu können, kann ich, Rechtsanwalt Catherina Rossmeisl, Sie gerne beraten und vertreten. Ich bin Rechtsanwalt für Verkehrsrecht und Anwalt für Strafrecht in München und kann Ihnen nach Akteneinsicht aufzeigen, welche Chancen bestehen, sich angemessen zu verteidigen.

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