Unterschreiten des Sicherheitsabstandes
Unterschreiten des Sicherheitsabstandes erfordert keine Mindestdauer
Wer kennt dies nicht: Sie fahren auf der Autobahn und plötzlich ist der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug unterschritten. Schnell droht ein Bußgeld. Jetzt geht es um die Frage, ob die Abstandsunterscheidung von einer gewissen Dauer gewesen sein muss und ob Sie eine Mindestwegstrecke zurückgelegt haben müssen.
Was steht im Gesetz?
In § 4 StVO heißt es lapidar, dass „der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein muss, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich abgebremst wird“. Weitere Vorgaben oder gar Einschränkungen enthält der Gesetzestext nicht.
Was sagt die Rechtsprechung?
Die Rechtsprechung ist an sich eindeutig. Es kommt nicht darauf an, dass Sie den Mindestabstand für eine gewisse Dauer unterschritten und oder eine gewisse Mindestwegstrecke zurückgelegt haben müssen. Sie handeln bereits vorwerfbar, wenn Sie zu irgendeinem Zeitpunkt Ihrer Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den notwendigen Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten haben (so Amtsgericht Landstuhl, Urteil vom 20.4.2021, Az. 2 OWi 4211 Js 1233/21, OLG Hamm, Beschluss vom 22.12.2014, Az. 3 RBs 264/14).
Eine nicht nur vorübergehende Abstandsunterschreitung verlangt das Gesetz ausweislich seines Wortlautes nicht. Entscheidend ist allein, dass der Mindestabstand so groß sein muss, dass Sie auch dann abbremsen können, wenn das vorausfahrende Fahrzeug aus heiterem Himmel abbremst, ohne dass dafür irgendwelche Gründe erkennbar sind.
Welche Ausnahmen gesteht die Rechtsprechung zu?
Haben Sie den Mindestabstand unterschritten, können Sie sich allenfalls auf eine Ausnahme berufen, wenn Sie den Abstand deshalb unterschritten haben, weil der Vordermann urplötzlich abbremste oder ein Fahrzeug unmittelbar vor Ihnen einen Spurwechsel vollzogen hat. Ob dies der Fall war, lässt sich in der Regel durch eine Akteneinsicht feststellen. Aus den Akten ergeben sich erfahrungsgemäß oft Hinweise, die Ihnen so nicht bewusst sind oder die Sie selbst gar nicht erkennen konnten.
Wie werden die Mindestabstände bemessen?
In der StVO finden Sie keine Hinweise, wie groß der Mindestabstand sein muss. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nur, dass Sie zum vorausfahrenden Fahrzeug so viel Abstand halten müssen, dass Sie selbst dann noch anhalten können, wenn das vorausfahrende Fahrzeug aus heiterem Himmel abgebremst werden sollte. Für den vorausfahrenden Fahrer gibt es Gesetz vor, dass er ohne zwingenden Grund nicht plötzlich stark abbremsen darf.
Wegen dieses unklaren Wortlautes haben sich in der Praxis gewisse Faustregeln herausgebildet. Orientierungshilfe außerorts ist die Formel „Abstand gleich halber Tacho“. Innerorts ist die Strecke maßgeblich, die Sie in einer Sekunde zurücklegen oder etwa drei Pkw-Längen.
Was tun, wenn Sie ertappt wurden?
Wird Ihnen ein Anhörungsbogen zugestellt, sollten Sie sich nach Möglichkeit nicht zu dem Vorwurf äußern. Erst recht sollten Sie sich nicht äußern, wenn Ihnen ein Bußgeldbescheid zugestellt wird. Es empfiehlt sich, dass Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Dazu können Sie mich gerne beauftragen. Ich bin Rechtsanwältin für Verkehrsrecht sowie Rechtsanwältin für Strafrecht in München. Mit Ihrem Mandat bevollmächtigen Sie mich, die Ermittlungsakte bei der Bußgeldstelle einzusehen. Erst nach Akteneinsicht lässt sich zuverlässig feststellen, auf welcher Grundlage Sie zur Verantwortung gezogen werden sollen. Danach entscheiden wir gemeinsam, ob es zweckmäßig erscheint, den Bußgeldbescheid zu akzeptieren oder den Bußgeldbescheid vielleicht doch zu beanstanden.