Fahrtenbuchauflage?
Behörde muss alle zumutbaren Ermittlungsmaßnahmen zur Fahrerfeststellung getroffen haben!
Kann der Verkehrssünder nicht festgestellt werden, ordnen die Verwaltungsbehörden gerne eine Fahrtenbuchauflage an und verpflichten den Halter des Fahrzeuges, ein Fahrtenbuch zu führen und genau zu dokumentieren, wer wann das Fahrzeug führt. Das Fahrtenbuch muss der Behörde jederzeit auf Verlangen zur Prüfung ausgehändigt werden. Zugleich besteht eine Aufbewahrungsfrist für sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss. Ein Problem ergibt sich daraus, dass sich der Halter oft auf ein Zeugnisverweigerungsrecht beruft und die Aussage verweigert, wer das Fahrzeug tatsächlich gefahren hat.
Ein typischer Fall
In einem aktuellen Fall des Verwaltungsgerichts Neustadt (Beschluss v. 5.7.2016, 3 L 519/16) hatte der Fahrer eines Fahrzeuges die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h überschritten. Der auf dem Lichtbild als männliche Person zu erkennende Fahrer konnte nicht ermittelt werden. Der Halter verweigerte nähere Angaben und berief sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Die Ordnungsbehörde verpflichtete ihn daraufhin zur Führung eines Fahrzeugbuches für die Dauer von 12 Monaten. In seinem Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid trug er vor, dass die Behörde nicht alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte, um den Fahrzeugführer zu ermitteln. Sein Zeugnisverweigerungsrecht habe den Zweck, ihn vor dem inneren Konflikt zu schützen, gegen Familienangehörige aussagen zu müssen. Mit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage entstünde mittelbar ein Aussagedruck, sodass sein Zeugnisverweigerungsrecht letztlich wertlos werde.
Sein Widerspruch wurde zurückgewiesen. Ein Fahrtenbuch sei keine Bestrafung. Es diene der Verkehrssicherheit und damit der vorbeugenden Gefahrenabwehr. Der Fahrzeughalter soll angehalten werden, seine Aufsichtspflicht ernst zu nehmen, soweit er einen anderen Fahrer ans Steuer lasse und beizutragen, den verantwortlichen Fahrer festzustellen.
Fahrtenbuchauflage muss verhältnismäßig sein
Ansatzpunkte für eine eventuelle Verteidigung können darin bestehen, dass die Anordnung und die Dauer der Fahrtenbuchauflage verhältnismäßig sein müssen. Daran kann es fehlen, wenn der Halter erklärt, den Wagen nur noch alleine zu nutzen (so Verwaltungsgericht Koblenz 4 K 215/14). Auch das Verwaltungsgericht Trier verwies die Behörde darauf, dass sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Täters treffen müsse (1 L 349/15). In diesem Fall wurde ein Geschäftswagen benutzt. Der Fahrer war auf dem Lichtbild gut zu erkennen. Die Behörde hatte ohne weitere Prüfung eine Fahrtenbuchauflage angeordnet. Das Gericht verwies darauf, dass die Behörde weitere Ermittlungsmaßnahmen hätte treffen müssen. So wäre beispielsweise die Prüfung der Geschäftsbücher infrage gekommen, um die betrieblichen Fahrten nachzuvollziehen. Man hätte auch den Geschäftsführer oder eine andere verantwortliche Person im Betrieb befragen müssen. Nur wenn auch diese Auskünfte erfolglos geblieben wären, hätte es an der erforderlichen Mitwirkung des Halters gefehlt. Allerdings brauche die Behörde nur einen vertretbaren Aufwand betreiben, müsse aber keine aussichtslosen Ermittlungen führen.
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Eine Fahrtenbuchauflage ist nur zulässig, wenn Ihnen als Halter vorzuwerfen ist, an der Aufklärung nicht oder nicht genügend mitgewirkt zu haben. Voraussetzung dafür ist, dass Sie überhaupt rechtzeitig informiert wurden und die Behörde alle zumutbaren Maßnahmen genutzt hat, um den verantwortlichen Fahrer zu ermitteln. Ihre Mitwirkungsbereitschaft steht infrage, wenn sich als Halter überhaupt nicht äußern oder nicht auf die Anhörung reagieren. Auch wenn Sie darauf verweisen, dass ein Familienangehöriger gefahren ist, muss die Behörde zunächst versuchen, die in Betracht kommenden Familienangehörigen zu befragen und den Fahrer festzustellen. Sind Sie betroffen, stehe ich, Rechtsanwältin Catharina Rossmeisl in München, gerne zur Verfügung.
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