Unfallflucht - keine Verurteilung ohne Tatnachweis

500.000 Fälle von Unfallflucht soll es nach Einschätzung des ACE im Jahr 2013 gegeben haben. Dunkelziffer hoch, Tendenz steigend. § 142 StGB bestraft denjenigen, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, ohne die Feststellung seiner Person zu ermöglichen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe. Der Tatbestand erweist sich in der Praxis immer wieder als problematisch. Vor allem dann, wenn ein Zeuge „etwas gesehen“ haben will, das nicht der Wahrheit entspricht, droht auch ein Unbeteiligter in ein Geschehen verstrickt zu werden, das er kaum mehr beherrschen kann. Dann gilt es, sich richtig zu verhalten.

Typischer Fall

Der Strafrichter muss einem Angeklagten nachweisen, dass er tatsächlich am Steuer gesessen hat. In einem repräsentativen Fall des OLG Köln (NZV 1998, 37) beobachtete ein Zeuge ein Fahrzeug, dessen Fahrer aus einer Parklücke herausfuhr und dabei einen dahinter stehenden Wagen erheblich beschädigte. Er informierte die Polizei. Anhand des Kennzeichens wurde die Halterin festgestellt. Der Zeuge sagte aus, er habe eine „ältere Frau“ am Steuer gesehen, die „durchaus die Angeklagte gewesen sein könnte“. Für das Amtsgericht genügte die Aussage. Es verurteilte die Frau zu einer Geldstrafe und drei Monaten Führerscheinentzug. Die Frau hatte im Verfahren nicht zur Sache ausgesagt.

Das OLG Köln hob das Urteil auf. Es beanstandete, dass das Amtsgericht allein daraus, dass das Fahrzeug auf den Namen der Angeklagten zugelassen war, nicht ohne Weiteres darauf habe schließen dürfen, dass diese tatsächlich auch Halter des Fahrzeuges war. Halter könne nämlich auch eine andere Person sein, die das Fahrzeug „für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt“. Selbst die wenn Haltereigenschaft feststehe, erlaube sie nicht den Rückschluss, dass dieser Halter, in diesem Fall also die angeklagte Frau, tatsächlich am Steuer des Fahrzeuges gesessen habe. Die Aussage des Zeugen sei viel zu ungenau und erlaube keineswegs den zwingenden Rückschluss auf die Frau als Täterin. Das Amtsgericht wurde angewiesen, die Beweissituation neu zu bewerten. Soweit ein Tatnachweis nicht klar möglich sei, müsse die angeklagte Frau freigesprochen werden.

Darauf sollten Sie achten!

Der Fall zeigt eine typische Situation auf. Die angeklagte Frau hatte sich, da sie sich zur Sache nicht äußerte, jedenfalls aus verteidigungsstrategischer Sicht richtig verhalten. Wer nämlich einräumt, er habe den Unfall nicht bemerkt, gibt bereits zu, dass er das Fahrzeug als Fahrer gesteuert hat. Damit ist die erste Verteidigungslinie bereits aus dem Weg geräumt. Die zweite Verteidigungslinie besteht darin, dass derjenige, der als Halter eingetragen ist, nicht unbedingt der Fahrer gewesen sein muss. Allein das Kennzeichen informiert nur über den Halter, nicht über den Fahrer. Das Strafgericht muss daher stets eindeutig den Nachweis führen, dass eine bestimmte Person zweifelsfrei Fahrer gewesen ist.

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Sollten auch Sie in einer ähnlichen Situation betroffen sein, lautet das erste Gebot, sich möglichst nicht in der Sache einzulassen. Wird ein Ermittlungsverfahren eröffnet, heißt es Ruhe bewahren. Informieren Sie sich! Erst nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft lässt sich feststellen, was Ihnen tatsächlich vorgeworfen wird und wo und inwieweit Lücken im Tatnachweis bestehen oder aufgezeigt werden können. Jede Nachlässigkeit öffnet das Tor zu einer vielleicht nicht berechtigten Verurteilung. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und als Fachanwalt für Strafrecht kann ich, Rechtsanwältin Catharina Rossmeisl, Sie gerne zur Sache beraten und gegenüber den Justizbehörden vertreten.

Info: Die "sieben Todsünden" im Straßenverkehr

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